Freitag, 28. Februar 2014

Vorfrühling - oder: Februar-Blog in letzter Minute

Härte schwand. Auf einmal legt sich Schonung
an der Wiesen aufgedecktes Grau.
Kleine Wasser ändern die Betonung.
Zärtlichkeiten, ungenau, 

greifen nach der Erde aus dem Raum.
Wege gehen weit ins Land und zeigen’s.
Unvermutet siehst du seines Steigens 

Ausdruck in dem leeren Baum.


Rainer Maria Rilke (Vorfrühling) 


Immer wieder ist es Rilkes Vorfrühlingsgedicht, welches mir als "Erstling" im Verlaufe des beginnenden Frühlings in den Sinn kommt, noch lange bevor Mörikes berühmtes Blaues Band zu flattern beginnt. Wenn auch dieser Winter es zumeist - manch einem zur Erleichterung - an Härte fehlen ließ, ist es doch der Mangel an Licht und Farbe, der uns in Gefilden nördlich der Alpen zu schaffen macht. Dies lässt uns begierig jede Veränderung aufnehmen, macht uns empfänglich für die dezenten Pastelltöne des ausklingenden Monats Februar.

Das silberne Schimmern der Zweigspitzen, mittlerweile frei vom Laub des Vorjahres. Das dunkle Rot und helle Vanillegelb der Weiden, deren Glanz vom Aufsteigen neuer Kräfte kündet. Schon immer war der Vorfrühling meine Jahreszeit, die Tage, während derer sich alles in Erwartung hält und von Künftigem erzählt, ohne etwas zu übereilen. Hat es erst begonnen, wird es schwierig, mitzuhalten. Schwindelgefühl wird sich alsbald einstellen; gern würden wir die forteilende Frühlingsgondel noch manches Mal aufhalten.

Und schon mischen sich andere Farben ins Bild. Filigranes Gelb der früh blühenden Kornelkirsche, am Boden Krokus in Violett zwischen Schneeglöckchenweiß. An anderen Orten die dankbaren Gänseblümchen und der erste Huflattich, - kleine, gelb leuchtende Sonnen. Und es entsteht in der Tat vor unseren Augen das eine oder andere Bild von Wegen, die weit ins Land gehen. Wanderungen auf Frühlingswegen, die im bevorstehenden März möglich sein könnten.


Ein Frühlingsweg geleitet mich zu meinen Scillawiesen aus Kindertagen, wo sich die zunächst noch winterlich grau anmutenden Waldhänge einer ehemaligen Flussschleife nach und nach mit ungezählten kleinen, blauen und vereinzelt weißen Sternen übersät finden werden. Ein anderer führt durch lichte Anemonenwälder, erfüllt vom Gesang der Vögel und dem Trommeln des Spechtes zwischen noch unbelaubten Buchen, die viel Raum lassen für den blauen Himmel. Dann hinaus auf Lichtungen zu einem Panoramaweg mit weitem Blick ins Land bis zu den Höhenzügen des Schwarzwaldes, gesäumt von schneeweiß duftenden, bienenumsummten Schlehenhecken und blühenden Vogelkirschen über Fuchsbauten mit frisch gegrabenen Zugängen. Ein weiterer bringt mich durch ein kleines Wäldchen, welches im Frühjahr von einem blauviolett-weiß-gelben Tupfenteppich aus Märzveilchen, Buschwindröschen und leuchtendem Scharbockskraut überzogen scheint, hin zu meiner Lieblingsburg, die um diese Jahreszeit besonders schöne Fernblicke bietet.


Wieder andere verlaufen an sonnigen Hängen unter zartrosa blühenden Mandelbäumen, durch junge Laubwälder mit vielen Singvogelarten, die sich beim Sammeln von Nistmaterial beobachten lassen, zu alten Burgen und imposanten Felsen. Und abermals andere führen durch wasserreiche Schwarzwaldtäler mit hellviolett gemusterten Wiesenanemonen und satt-gelben Sumpfdotterblumen, hinauf auf felsige Höhen mit eindrucksvollen Ausblicken und zu stillen Hochmooren.

Wenigstens einige von diesen hoffe ich, in den nächsten Wochen, die wie alle vorangegangenen arbeitsreich zu werden versprechen, gehen zu können, den richtigen Zeitpunkt dazu nicht zu versäumen, was - ich weiß es - sich nicht immer ganz einfach gestalten wird. Dennoch ist dies eine Aussicht, die mich zu beflügeln vermag.

Und so lasse ich nun den Winter, der keiner war, ohne Bedauern ziehen und überspringe auch geflissentlich die Tollen Tage, die nicht für mich gemacht sind. Sie zu begehen, mich in verordnetes Narrentum zu begeben, würde, wie ich befürchte, die Verpflichtung mit sich bringen, an den übrigen Tagen des Jahres eine betont seriöse Seite herauszukehren, die mir noch weniger anstehen dürfte. So ziehe ich es denn vor, für mich frech-dreist - in meinem Alter darf frau solches! - ganzjährige Narrenfreiheit zu beanspruchen.

In diesem Sinne - es ist ein kurzer Beitrag geworden, da ich an einem größeren Anne-Frank-Essay arbeite, welcher drängt, nächstens mehr davon! - allen, die feiern, natürlich ganz viel Spaß!

Auf Wiederbloggen im März!

Eure Bettine