Sonntag, 5. November 2017

Vom Unvermögen, fortzufliegen, vom Trost der Sternenblume - und der Erinnerung an Schöneres...

Dies ist der Herbst: der - bricht dir noch das Herz!
Fliege fort! fliege fort! -
Die Sonne schleicht zum Berg
und steigt und steigt
und ruht bei jedem Schritt.

Was ward die Welt so welk!
Auf müd gespannten Fäden spielt
der Wind sein Lied.
Die Hoffnung floh -
er klagt ihr nach.

Dies ist der Herbst: der - bricht dir noch das Herz!
Fliege fort! fliege fort!
Oh Frucht des Baums,
du zitterst, fällst?
Welch ein Geheimnis lehrte dich
die Nacht,
daß eis'ger Schauder deine Wange,
die Purpurwange deckt? -

Du schweigst, antwortest nicht?
Wer redet noch? - -

Dies ist der Herbst: der - bricht dir noch das Herz!
Fliege fort! fliege fort! -
"Ich bin nicht schön"
- so spricht die Sternenblume -,
"doch Menschen lieb' ich
und Menschen tröst' ich -
sie sollen jetzt noch Blumen sehn,
nach mir sich bücken
ach! und mich brechen -
in ihrem Auge glänzet dann
Erinn'rung auf,
Erinnerung an Schöneres als ich: -
- ich seh's, ich seh's - und sterbe so." -

Dies ist der Herbst: der - bricht dir noch das Herz!
Fliege fort! fliege fort!

Friedrich Nietzsche

Fortfliegen fällt aus. Keine Option. Jedenfalls dann, wenn die Flügel - noch eher als die Herzen - gebrochen sind. Selbst wenn sie sich leimen ließen, müssten sie über den Winter pausieren. So bleibt nur, in welk gewordener Welt das Herbstlied des Windes auf den müd gespannten Fäden mitzuspielen, mitzusingen.








Der Hoffnung nachklagen. Haben wir vielleicht nur nicht ihre Flamme sorgsam genug gehütet? Unsere Früchte - herabgefallen vor der Zeit? Erfroren vor dem Reifenkönnen? Das Geheimnis der Nacht - wir wollten es nicht wirklich kennen. Der eisige Schauder - er hat auch uns ergriffen. Längst.







Unser Schweigen. Die Worte der Sternenblume hingegen - Understatement. Sie weiß es. Ist Geliebte und Trösterin seit Kindertagen - in den traumverlorenen Farben Rosarot, Violett und Blau.










Kunsthalle Bremen


Erinnerung an Schöneres - keine Not, den letzten Frühling zu bemühen. Eine Bremen-Reise im September - ganz im Zeichen der Kunst, mit viel Zeit zum Betrachten von Bildern, großem Wiedersehen mit den Worpswedern und so manchem Holländer.

Teepause im Schnoor-Viertel - ostfriesisch, somit nicht ganz stilecht, aber sehr wohltuend!











Das Modersohn-Haus in Worpswede
Dann nach Worpswede - für wenige kostbare Stunden. Andächtig auf Paulas Sofa gesessen, im stummen Zwiegespräch.














Beim Sonnenuntergang über dem Teufelsmoor - an der Hamme-Hütte Neu Helgoland - eine leise Ahnung eingefangen von jener Stimmung, die einst die Worpsweder Maler - gerade im Licht dieser Jahreszeit - inspirierte.







Das Café Rilke in Fischerhude


Zum Ausklang ein Besuch des Wohn- und Atelierhauses von Clara Rilke-Westhoff in Fischerhude, wo Gartenkunst eindrucksvoll mit der Wasserlandschaft der Wümme-Wiesen zusammenklingt.


































Im Hohloh-Hochmoor/Nordschwarzwald
Im Oktober dann unterwegs auf verschwiegenen Stegen durch ein Moor wieder anderer Art, nun ganz in die Farben des Herbstes getaucht...














All dies, was uns sehr fehlen würde, hätten wir den Herbst nicht...












Oktober-Leuchten am Klosterberg Maulbronn




Sturm-Elfchen


Herbststurm
Boshaftes Rütteln
An angefressenen Luftschlösserfundamenten
Vor mir davonwirbelnde Blätter
Unbeschrieben

Betty



Doch was kann uns schließlich der Herbst - uns, die wir uns der Kunst verschrieben haben?

Fortfliegen entfällt. Bleibt, ihn uns anzuverwandeln...

Habt noch schöne Tage -
ob in Bronze, Silber oder Gold!

Und: Hütet die Flamme!

Liebe Grüße

Betty